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Altar

Zu den wertvollsten Schätzen der Braller Kirche gehört der besonders schöne und wertvolle spätgotische Schreinflügelaltar. Wie die Originalzahl auf de Altarrückseite zeigt, ist er im Jahre 1520 aufgestellt worden. Er ist einer der kostbarsten Altäre des 16. Jahrh. und gehört zu den wertvollsten Kunstwerken im Raum der evangelischen Kirche Siebenbürgens. Wie die Kirche ist auch der Altar dem Heiligen Nikolaus geweiht. Nikolaus war Bischof von Myra im kleinasiatischen Lykien, wo er 350 nach Christus starb. Er gehört zu den wenigen Heiligen des frühmittelalterlichen Jahrhunderte, die keinen qualvollen Tod erlitten, sondern in Frieden sterben durften.

Wie wenige Heilige hat er im Bereich der Ost- wie der Westkirche hohe Verehrung genossen. Zur Darstellung in der Kunst gelangen aus der Legende geschöpfte Wundertaten, die die warmherzige Mildtätigkeit spiegeln, mit der Nikolaus bedrohten Menschen in allen möglichen verzweifelten Lebenslagen - Schande, Verleumdung, Hungersnot, Seesturm – geholfen hat.

Das bekannteste Bild des Braller Altars dürfte wohl das von den drei schlafenden Mädchen sein, deren Vater in großer materiellen Not geraten, den einzigen Ausweg darin sieht, die Töchter an ein Freudenhaus zu verkaufen. Nikolaus legt ihnen, während sie schlafen, drei Goldkugeln auf ihr gemeinsames Bett. Die verarmte Familie ist nun von der Schmach gerettet, die drei Schwestern können standesgemäß heiraten.

1728 wurde die vermutlich gestohlene Nikolausfigur aus dem Schrein, durch eine aus Großschenk stammende Madonnenfigur ersetzt. Figur und Tafelbilder passten nun nicht mehr zusammen. So wurden die Bilder der Festtagseite mit vier Darstellungen aus dem Weihnachtszyklus des Marienlebens und die acht Bilder der Werktagsseite mit dem aus dem aus der Leidensgeschichte Jesu überdeckt. Diese Übermalung war jedoch alles andere als ein besonderes Kunstwerk.

Dennoch besaßen die Bilder für die Menschen eine große Bedeutung, ganz besonders für ihren Glauben. Vielen Gemeindegliedern waren sie seit ihrer Kindheit vertraut und teuer.

Das sie der Freilegung im Jahre 1973, nach einigem Zögern, zustimmten, zeugt von großer Einsicht und Aufgeschlossenheit. Hohes Lob verdienst die ganze Kirchengemeinde und besonders ihr damalige Führung.

Es wurden namhafte Restaurierungsinstitute in Wien und München, sowie zahlreiche Fachleute zu Rate gezogen. Frau Dr. Gisela Richter entschloß sich die Verantwortung für die Freilegung zu übernehmen. Am 31.05 1976 wurde der Altar der Gemeinde völlig gewandelt wieder zurückgestellt.

Bei der Übernahme des restaurierten Altars entfuhr einem der damaligen Kirchenväter der mundartliche Ausdruck: „Wa eas dai heisch!“ (Wie ist der schön!)

Die geöffneten Altarflügel zeigen Bilder aus dem Leben des Heiligen Nikolaus. Neben dem bereits beschriebenen Bild, sind noch folgende drei Bilder zu sehen:

  • Nikolaus retten drei unschuldig verurteilte Ritter vor dem Schwert des Henkers.
  • Als in Myra eine Hungersnot wütet, erbittet Nikolaus von jedem, für den Kaiser von Rom zur Ausfahrt bestimmten Schiff 100 Scheffel Getreide und versichert, dass durch sein Gebet bei der Ablieferung nichts fehlen werde, was sich bewahrheitet.
  • Nikolaus rettet drei Pilger samt der übrigen Schiffsbesatzung aus Seenot.

Auf der Predella sind die 14 Nothelfer dargestellt.

Sind die Altarflügel geschlossen, so kommen acht Bildtafeln mit acht Heiligenpaaren zum Vorschau.

Über der Predella erhebt sich das Rechteck des Altaraufsatzes mit seinem Schrein, mit den 2 beweglichen und 2 unbeweglichen Flügeln. Die Bekrönung besteht aus 3 Türmchen mit flankierenden Filialen und verbindendem Rankenwerk.

In der Mitte des Schreines erhebt sich der Hauptschmuck des Altares, eine zwei Drittel lebensgroße Holzfigur der Maria mit dem nackten Jesuskind auf dem linken Arm. In dieser Statue besitzen wir eine der besten Statuen Siebenbürgischer Plastik. Dr. Viktor Roth schreibt: „Die anatomische Durcharbeitung verdient volle Anerkennung. Der lächelnde Ausdruck des vom aufgelösten Haar umrahmten und mit der Krone der Himmelskönigin geschmückten Köpfchens ist ungemein lieblich und der lebhafte Faltenwurf des vergoldeten Übergewandes, das den rechten Arm frei lässt und sich über den linken Ellenbogen legt, verrät die Hand des Meisters. Auch das Körperchen des nackten Jesuskindes, dem die Madonna einen Apfel reicht, ist besser durchgebildet, als wir es an den übrigen Jesuskindern der gleichzeitigen siebenbürgischen Bildhauerkunst zu beobachten Gelegenheit haben. Das ganze Bildwerk, vom Scheitel bis zur Sohle ist wie ein Guss, voller Leben und gewinnend in Haltung und Gebärde.

Das Werk könnte von einem Glied der Bildhauerfamilie Stoss geschaffen worden sein. Im übrigen ist der Aufenthalt des jüngeren Veit Stoß in Kronstadt erwiesen. In jedem Fall ist es ein Spitzenwerk der siebenbürgischer Altarplastik.“